Erlangen, Fraunhofer IIS – Ein Shirt schlägt Alarm. Der Puls seines Trägers ist bedenklich abgefallen. Und das, obwohl er weder schläft noch sich anderweitig ausruht. Sensoren im Gewebe des Shirts haben nicht nur Vitaldaten wie etwa den Pulsschlag des Trägers erkannt, sondern auch erfasst, welche Tätigkeiten er gerade ausübt: Ob er Treppen steigt, auf einem Stuhl sitzt oder sich auf einem Hometrainer fit hält. Die erfassten Daten werden per Funk an einen Computer weitergeleitet, der sie miteinander in Beziehung setzt und auswertet. Steigt oder fällt der Puls bedenklich, ohne dass es dafür eine plausible Erklärung gibt, wird ein Alarm ausgelöst. Der benachrichtigte Arzt oder die Rettungskräfte erhalten neben den medizinischen Parametern eine genaue Ortsangabe, wo sich der Patient mit dem neuartigen Sensor-Shirt befindet. Menschen, die etwa unter der Volkskrankheit Bluthochdruck leiden, könnten durch solch ein intelligentes Kleidungsstück ihr Alltagsleben sicherer und selbstbestimmter gestalten und trotz der Krankheit in ihrer gewohnten, häuslichen Umgebung bleiben. Der Einsatz von intelligenter Kleidung in Verbindung mit IT-basierten Assistenzsystemen sorgt dafür, dass gesundheitliche Risiken nicht unbeobachtet bleiben. Der Einsatz von mit Sensoren ausgestatteter Shirts kann darüber hinaus auch häusliche Rehabilitationsmaßnahmen unterstützen, indem sie die körperlichen Aktivitäten des Trägers regelmäßig kontrollieren.

Allerdings werden diese Systeme bislang noch nicht genutzt. Die Technik, um sie zu realisieren, ist größtenteils vorhanden: So können heute zum Beispiel EKG und Puls automatisch überprüft und die Daten per Funk an einen Computer weitergeleitet werden. Dieser wertet sie aus und kann im Notfall einen Rettungsruf absetzen. Auch Probleme bei der Bedienung und der Stromversorgung von »intelligenten Kleidungsstücken«, an denen die Sensoren angebracht werden, sind mittlerweile behoben. Ähnliches gilt für die Größe der mikroelektronischen Komponenten in der Kleidung, die bislang einem bequemen Tragen im Weg standen. Zur Zeit wird mit Hochdruck daran gearbeitet, Sensoren, Speicherchips und Batterien noch besser in das Gewebe modisch gestalteter Shirts einzuarbeiten. Das Ziel ist hier, die Technik so unauffällig in die Textilien zu integrieren, dass der Träger gar nicht mehr merkt, dass er Technik „anzieht“. Dass solche Shirts derzeit trotzdem meist nur auf Messen vorgeführt und noch nicht im Laden verkauft werden, hängt im Wesentlichen von zwei Faktoren ab: zum einen von der (noch) fehlenden Akzeptanz der Zielgruppe.

Medizinische Assistenzsysteme leiden oft unter einer unverständlichen, nicht seniorengerechten Benutzerführung. Zum anderen von Aufwand, der für das zuverlässige Funktionieren der technischen Infrastruktur aufgewendet werden muss. Entwickler des Fraunhofer IIS haben sich deshalb zum Ziel gesetzt, eine bedienerfreundliche Lösung zu finden, bei der die IT-Infrastruktur effektiv aufgebaut und für den Nutzer leicht zu durchschauen ist, und die es ermöglicht, die Software einfach und unkompliziert zu aktualisieren. Wichtig ist auch ein klarer Umgang mit den medizinisch gespeicherten Daten. Das Konzept zur Verwaltung der Daten wird so aussehen, dass der Nutzer selbst bestimmen kann, welche personenbezogenen Daten er an wen weitergeben will. Auch die Art und Weise, wie Nutzer vom System angesprochen werden, soll nach dem Willen der Entwickler so designt werden, dass keine zusätzliche Hardware wie etwa ein Handy oder ein heimischer PC nötig sind. Gedacht ist beispielsweise an eine Bild- und Sprachausgabe über ein Fernsehgerät, das den Nutzer zum Beispiel auf einen bevorstehenden Arzttermin hinweisen kann.

Ein technisches Novum ist die Funktion der Lokalisierung. Medizinische Assistenzgeräte nutzen für die Kommunikation in der Regel Bluetooth- oder WLAN-Verbindungen. Mitarbeiter des Fraunhofer IIS arbeiten derzeit an den Möglichkeiten, diese Verbindungen auch für das Auffinden des Trägers eines intelligenten Kleidungsstückes zu nutzen. Der Vorteil: Je genauer die Lage des Trägers bestimmt werden kann, um so weniger Zeit verlieren Rettungskräfte im Notfall mit der Suche. Am Fraunhofer IIS werden derzeit verschiedene Technologien kombiniert, um eine nahtlose Ortung sowohl in Räumen als auch im Freien zu ermöglichen.

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René Dünkler
  • Fraunhofer-Institut für Integrierte Schaltungen IIS
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