Die Blockchain-Technologie erfährt große Aufmerksamkeit, denn im digitalen Zeitalter kann ihr eine wichtige Funktion zukommen. Sie soll Datenströme sicherer machen, die Privatsphäre schützen und Betrug in vielen wesentlichen Bereichen der sozialen Interaktion verhindern. Doch außerhalb der Wissenschaft kann sich kaum jemand etwas Konkretes unter dem, eigentlich transparenzbringenden, Speicher vorstellen. Welche Technologie steckt dahinter? In welchen Anwendungsbereichen ist die Blockchain besonders relevant? Und welche wirtschaftspolitischen Faktoren sind zu beachten?

Dies ist der erste Teil einer Miniserie über Blockchain und Smart Contracts, basierend auf dem Fraunhofer-Positionspapier »Blockchain und Smart Contracts. Technologien, Forschungsfragen und Anwendungen«. Neben den Grundlagen und einer Zusammenfassung des Papiers, gibt der Artikel Einblicke in die aktuelle Forschungssituation. In Experteninterviews versuchten wir zudem mehr über mögliche Lösungen für aktuelle Probleme in Bezug auf die Blockchain zu erfahren. Teil 2 der Serie beschäftigt sich mit Anwendungen, Teil 3 mit wirtschaftspolitischen Fragenstellungen.

Bei Blockchain denken die meisten unmittelbar an Bitcoin und somit an digitale Währungen, sogenannte Kryptowährungen. Doch die Blockchain-Technologie bietet weit mehr, zeichnet sich durch vielfältige Eigenschaften aus. Durch die Technik der verteilten Konsensbildung wird das Vertrauen in Dritte, wie beispielsweise bei der Authentifizierung, durch das Vertrauen in ein Kollektiv ersetzt. In der Blockchain können Werte abgebildet, deren Besitz und Herkunft protokolliert und der Zugriff auf diese Werte eindeutig und dauerhaft auf einen anderen Nutzer übertragen werden. Sie eröffnet Automatisierungspotenziale durch festgelegte Regeln, den Smart Contracts, zeichnet sich durch Irreversibilität und damit Revisionssicherheit sowie eine lange Lebensdauer aus. Aufgrund dieser Eigenschaften soll mit der Blockchain der Datenaustausch sicherer, Zeit- und Kostennachteile durch Dritte minimiert, Betrug und Manipulation vermieden werden.

Das Konzept der Blockchain basiert auf der Speicherung und Replikation aller verwalteten Transaktionen als kryptografisch abgesicherte Verkettung einzelner Blöcke. Um die Skalierbarkeit zu gewährleisten werden allerdings keine großen Datenobjekte gespeichert, sondern nur die wesentlichen Transaktionsinformationen und ggf. Referenzen auf die dazugehörenden Datenobjekte. Als Referenz kann alternativ auch ein Fingerabdruck des Datenobjekts in Form eines Hashwerts gespeichert werden. Letztendlich ist die Blockchain ein öffentliches, dezentrales Kontenbuch, das sich durch seine enorme Sicherheit auszeichnet. Die Idee und Technologie dieses verteilten Kontenbuchs, oder auch Distributed-Ledger-Technologie und des Peer-to-Peer-Verfahrens sind dabei keine neuen Erfindungen. Tatsächlich ist die Kombination verschiedener Technologien zu einem neuen Gesamtsystem die Basis für die Blockchain. Einen Grundpfeiler bildet dabei die Kryptografie. Ohne kryptografische Primitive, also einfache Bausteine, aus denen komplexere Protokolle aufgebaut werden, wäre eine Blockchain undenkbar. Diese elementaren Operationen, wie z.B. Hashfunktionen, werden benötigt, um Transaktionen zu signieren. Außerdem erlauben sie den Minern Transaktionen zu prüfen und einen Block zu legitimieren. Miner sind die Nutzer, die den sogenannten Proof-of-Work berechnen.

Transaktionen werden sicher über die Blockchain abgewickelt. Bild: B140970324 | Wikimedia Commons

Der Proof-of-Work-Algorithmus basiert in der Bitcoin-Blockchain auf dem Hashcash-Verfahren, bei dem die Miner eine Zahl (Nonce) finden müssen, die in Kombination mit einem neuen Block einen spezifischen Hashwert ergibt. Für das Finden des passenden Hashwerts erhält ein Miner Bitcoins als Belohnung. Diese Belohnung besteht aus der Transaktionsgebühr, der »Miners‘ Fee«, die dem Nutzer bei der Durchführung einer Bitcoin-Transaktion berechnet wird. Transaktionsgebühr und Belohnung halten das Netzwerk stabil. Die anderen Miner, die Anbieter aller Knoten, prüfen dann, ob der Proof-of-Work ordnungsgemäß berechnet worden ist. Der Mehrheitsentscheid durch das Proof-of-Work-Verfahren ist ein weiterer Grundpfeiler der Blockchain und hilft Manipulationen zu verhindern. Die Konsensbildung wird durch verteilte Systeme – ein System, das mehrere Computer nutzt, um eine Aufgabe zu erledigen – und die P2P-Netzwerke ermöglicht. Letztere zeichnen sich meist dadurch aus, dass nur gleichberechtigte Rechnerknoten existieren, d.h. alle Rechner können notwendige Funktionen ausüben. Diese technologischen Grundlagen ermöglichen eine Dezentralisierung des Transaktionsmanagements.

Die Automatisierung von Prozessen wird hingegen durch Smart Contracts ermöglicht – Transaktionsprotokolle, die die Bedingungen eines Vertrags kontrollieren und einzelne Bestimmungen ausführen. Deshalb ist die Korrektheit von Smart Contracts und deren Schutz vor Angriffen von äußerster Wichtigkeit. Durch die definierten Regeln und der damit verbundenen Automatisierungsmöglichkeit bieten Smart Contracts ein großes Potential zur Effizienzsteigerung und zur sicheren Ausführung von Prozessen. Unterteilt man die Entwicklung der Blockchainanwendungen in Phasen, sind Smart Contracts als dezentrale autonome Organisationseinheit bereits in Phase 3.0 einzuordnen. Die Blockchain 1.0 umfasst lediglich die Kryptowährungen, während Blockchain 2.0 bereits Smart Contracts umfasst, jedoch ausschließlich im Finanzsektor.

Trotz zahlreicher Möglichkeiten, die die Blockchain eröffnet und eröffnen könnte, gibt es heute noch eine Vielzahl an ungelösten Problemen, die die Wissenschaft mit Sicherheit noch einige Jahre beschäftigen werden. So gelten kryptografische Primitive heutzutage zwar als besonders zuverlässig und unangreifbar, doch es ist abzusehen, dass mit der Zeit Angriffe auf kryptografische Algorithmen zunehmend effizienter werden. Die Wissenschaft steht hier vor der Herausforderung eine Art »Krypto-Agilität« zu entwickeln, die Möglichkeit eines Austauschs von unsicher gewordenen Algorithmen. Eine zeitnahe Fehlerbereinigung und Aspekte wie Compliance müssen ebenso in die verteilten Systeme der Blockchain integriert werden. Da das Blockchain-Konzept auf Speicherung und Replikation aller verwalteten Transaktionen basiert, bedeutet das auch einen kontinuierlich steigenden Datenbestand, durch den die Anforderungen an Rechen- und Speicherkapazität in das verteilte System wächst. 

Es sind demnach noch eine Menge Sachverhalte ungeklärt und Fragen zur sinnvollen und problemlosen Anwendung der Blockchain offen. Prof. Dr. Rose vom Fraunhofer-Institut für Angewandte Informationstechnik FIT versucht einige davon im Gespräch zu beantworten:

Herr Prof. Dr. Rose, die Blockchain gilt aktuell als besonders sicher, doch es ist abzusehen, dass mit zunehmender Etablierung auch Hackerangriffe stärker und effizienter werden. Was muss geschehen, um die Blockchain bei fortschreitender Technologie auch noch in 10 Jahren als absolut sicher bezeichnen zu können? Welche technologischen Voraussetzungen müssen hierzu geschaffen werden und wie weit ist die entsprechende Entwicklung?

Im Moment basiert die Blockchain auf dem klassischen Computing. Durch Quantencomputing sind einige der Kodierungsverfahren natürlich stark gefährdet. Aber ich bin da relativ optimistisch, dass, wenn diese Kryptoverfahren durch Quantencomputing geknackt werden können, man aus der kryptografischen Ecke andere Verschlüsselungen entwickeln wird, die nicht durch Quantencomputing zu knacken sind.

Der Energieaufwand für die Blockchain ist ziemlich groß. Es wird eine hohe Rechenleistung und auch Speicherkapazität benötigt, was einen hohen Stromverbrauch einschließt. Wie kann dieses Problem behoben werden?

Das ist ein Problem, dass man eigentlich als Altlast von der Bitcoin-Blockchain bezeichnen könnte. Die Bitcoin-Blockchain und ebenso Ethereum bauen alle auf der Lösung eines Kryptorätsels auf. Dafür benötigt man viel Energie, viel Rechenpower und das ist sehr aufwendig. Die Lösung eines Kryptorätsels ist aber nur eine Methode, um Konsens zwischen den Knoten herzustellen. Es gibt auch noch andere Methoden. Ich kann zum Beispiel eine Lotterie einführen, ich kann so etwas wie verbrauchte Ressourcen einführen. Was ich prinzipiell brauche, ist ein Zufallsprinzip, damit ich die Vorhersage, welcher Knoten das Problem löst, ausschließen kann. Deswegen können auch keine Zufallszahlen Verwendung finden, denn die werden algorithmisch berechnet und sind damit vorhersagbar. Das sind alles Varianten, die ich für eine öffentliche Blockchain habe. Neben den öffentlichen gibt es aber auch private Blockchains. Hier habe ich ein Netzwerk von Partnern, die miteinander kooperieren wollen. Und da gibt es z.B. das Proof-of-Stake als ein Konsensverfahren, bei dem eben die Mehrheit der Stimmenanteile darüber entscheidet, welche Transaktion als korrekt angenommen wird. Bei diesen privaten Blockchains ist der Energieaufwand wesentlich geringer. Wobei das mit dem Energieaufwand immer so eine Sache ist. Man macht das ja auch nur, damit bei den öffentlichen Blockchains diese Zufälligkeit garantiert ist.

Die Blockchain funktioniert nicht ohne das Mining. Der schnellste Miner, der einen Hashwert findet, setzt die Kette fort. Was passiert aber, wenn mehrere Miner zeitglich einen Block validieren und wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, dass so etwas passiert?

Die Wahrscheinlichkeit ist von zwei Faktoren abhängig. Ein Faktor ist die Schwierigkeit des kryptografischen Rätsels. Der andere Faktor ist die Verbindung und die Sicherheit im Netz, bzw. die Netzlatenz. Man könnte sich jetzt ein Szenarium vorstellen, in dem die Schwierigkeit des Kryptorätsels kleiner und die Netzwerklatenz steigt, d.h. die Verbreitung von Informationen im Netz verlangsamt sich. Dann ist die Wahrscheinlichkeit größer, dass mehrere Knoten parallel eine Lösung finden und ihre Verbreitung im Netz länger dauert. Die Lösung wird dann von allen Knoten übernommen und es entstehen mehrere gültige Blockchains. Aber irgendwann habe ich dann parallele Blockchains und dann ist die einzig anerkannte Blockchain die, die am wertvollsten ist. Also jene, in die die meisten Transaktionen geflossen sind. Ab der Verzweigung gehen dann alle anderen Transaktionen wieder in den Pool der zu bestätigenden Transaktionen zurück und müssen erneut geminert werden. Also im Prinzip kann sich die Blockchain in verschiedene Zweige spalten, aber irgendwann müssen die Zweige dann wieder miteinander synchronisiert werden. Und es gewinnt derjenige, der die meisten Transaktionen, die längste Kette, hat.

Lesen Sie hier mehr zu den den Anwendungen und Forschungsfragen. (cst)

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