Die Zukunft ist die Gegenwart von morgen. Das Neue verdrängt Bestehendes. Daten werden zu unseren ständigen Begleitern, damit gewinnen wir Zeit für echte menschliche Kommunikation.

Es war in den achtziger Jahren des letzten Jahrhunderts. Als junger Sprecher des Nordrhein-Westfälischen Städte- und Gemeindebundes hatte ich ein Statement zum Start von Client-Server Technologien in der WIRTSCHAFTSWOCHE abgegeben. Die Zeit der Mainframe-Technologien, namentlich von IBM, hielt ich für überholt. Mein Statement löste einen massiven Protest der kommunalen Rechenzentren aus, die mir vor-warfen, bewährte Technologien in Frage zu stellen. Es kam jedoch so wie von mir damals angedeutet. Local Area Networks breiteten sich in den folgenden Jahren über den Erdball in Wirtschaft, Forschung und Verwaltung aus. Der Aufstieg des PC begann. Dezentrale Datenverarbeitung hieß das Schlagwort. Die Rechenzentren änderten ihre Dienste und passten sich der Entwicklung an. Bereits ein Jahrzehnt später begann der Aufstieg von Cloud-Computing. Dabei geht es nicht nur um die Speicherung von Daten jenseits von Servern im WWW/Netz, sondern insbesondere um deren Verarbeitung.

Noch ist der Höhepunkt dieser Technologiewelle nicht erreicht und schon beginnt das Zeitalter des Edge-Computing. Der neue EU-Kommissar, der Franzose Breton, prophezeit einen grundsätzlichen Wandel. »Während derzeit noch 80 Prozent dieser Daten in Rechenzentren liegen und 20 Prozent irgendwo verteilt, beispielsweise in Autos oder Handys, werde sich das Verhältnis noch in seiner Amtszeit umkehren. Im Jahr 2025 werden nur noch 20 Prozent der Daten in der Cloud und in Rechenzentren liegen, 80 Prozent aber im ganzen Netzwerk verteilt«, sagt Breton. Edge-Computing nennt sich die lokale Datenspeicherung. »Das ist ein Paradigmen-Wechsel und wird alles verändern«. Weiter heißt es im Tagesspiegel Background: »Die neue Kommission werde einfache Regeln für diese ›Post-Cloud-Ära‹ festlegen, die beschreiben, wie Daten in Europa verarbeitet werden müssen in dem die individuelle Selbstbestimmung sowie die persönlichen Freiheiten garantiert werden und dabei gleichzeitig unsere digitale Abhängigkeit reduziert wird«.

Warum erzähle ich diese Geschichte? Die Entwicklung ist vergleichbar mit einer Pendeluhr, mal geht die Datenspeicherung bzw. Nutzung in Richtung dezentral, mal in Richtung zentral. Verbunden damit ist ein Aufstieg, der die Möglichkeiten der Nutzung stark erweitern wird. Schon längst hat die Zeit der Sensoren begonnen. Immer mehr Messfühler werden künftig Daten zur Steuerung der Infrastruktur der Stadt liefern. Dabei geht es zum Beispiel um Luftqualität, lokale Wetterdaten, Belegung von Parkplätzen, die Nutzung von Spielgeräten, Fahrten mit dem ÖPNV etc. Die Sensordaten werden ergänzt durch Bewegungsdaten und Verwaltungsdaten. Das fängt bei Daten in Registern an, umfasst alle Dienstleistungen über Building Information Modeling (BIM) bis hin zum Einsatz künstlicher Intelligenz. Und wieder hat sich das Pendel neu ausgerichtet. Jetzt ist es die zentrale Dezentralität im Netzwerk, die neue Herausforderungen mit sich bringt. Zwei Dinge sind hierbei besonders wichtig. Erstens, die Schaffung eines öffentlichen Datenraums (Public Data Space), der die digitale Souveränität des Staates sichert und damit der e-Daseinsvorsorge Wirksamkeit auch in der digitalen Welt verschafft. Das ist nicht trivial. Es stärkt Freiheit und Demokratie.

Und zweites, wie wäre es, noch einen Schritt weiterzugehen und die Bürgerinnen und Bürger selbst als erweiterten Sensor zu verstehen, die die Daten der Stadt empfangen, ohne etwas von sich preisgeben zu müssen – Stichwort Datenschutz und -sicherheit. Die Daten kommen zu mir und informieren mich, wenn ich gerade im Auto sitze und einen Parkplatz suche, oder ich erfahren will, wo sich ein freier Sitz im Bus oder Zug befindet, da ich auf dem Weg nach Hause bin. Es entsteht ein eigener digitaler Datenraum, um es anders auszudrücken »One of a kind«. Nicht eine Filterblase, sondern eine Membran. Die Leistungen der Kommune werden mir individuell offeriert, sie begleiten mich im Hintergrund, gewähren Sicherheit, ein Höchstmaß an Qualität und Vertrauen, sie sind mein persönlicher PublicGuide. It‘s the data, stupid.

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Franz-Reinhard Habbel
  • Kolumnist, Publizist, DStGB-Beigeordneter a.D. & Unternehmer
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