Weil für Mobilfunk und hochbitratiges Internet nun auch Frequenzbereiche im Terahertzbereich erschlossen werden sollen, haben Systementwickler*innen ein Problem. Denn die gängigen Test- und Messmethoden geraten dabei an die Grenzen ihrer physikalischen Möglichkeiten. Lösung könnte ein neuartiger Ansatz sein, mit dem sich Hochfrequenzwellen unkompliziert erzeugen und messen lassen. Die Technik ist so vielversprechend, dass das entsprechende Forschungsprojekt von der EU-Kommission im Rahmen ihres »EU Innovation Radar« als Excellent Science Innovation ausgezeichnet wurde.

Es könnte eng werden für das Internet der Dinge. Zumindest, was ihre Kommunikationsbandbreite über Internet und Mobilfunk betrifft. Denn bald schon dürfte es in den einzelnen Funkzellen immer weniger freie Kapazitäten für den Datenaustausch geben. Zur Verdeutlichung: Erst im vergangenen Jahr hatte die Anzahl der weltweit mit dem Internet (IoT) verbundenen Geräte die Marge von 35 Milliarden überschritten. Und bis 2025 rechnen Expert*innen mit nochmals einer Verdopplung. Immer mehr Geräte müssen sich dann die endliche Bandbreite eines Sendemasts teilen. Aber nicht nur die Menge der verbindungwilligen Geräte wird zunehmend zum Problem, sondern vor allem ihr teils deutlich wachsendes Kommunikationsbedürfnis. Immer mehr IoT-Geräte fordern eine Datenanbindung, die ihnen hochzuverlässig zur Verfügung steht, die ihnen extrem hohe Bandbreiten bietet und das auch noch in Echtzeit.

Glücklicherweise aber ist es nicht so, dass es auf die wachsende Nachfrage nach schnellem und umfänglichem Datentransfer nicht eine technische Antwort geben würde. Begegnet werden soll ihr erstens durch einen »massiven Ausbau der Mobilfunknetze« und zweitens durch »die Erschließung immer höherer Frequenzbereiche«. Doch während für Ersteres eher politische und betriebswirtschaftliche Projekte gefordert sind, geht es bei Zweiterem um die weitere technische Entwicklung.

Der dabei von Forscher*innen und Ingenieur*innen eingeschlagene Weg ist allerdings nicht sonderlich neu. Aber er ist bewährt und (bislang) auch zielführend: Bei 1G in den 1980er-Jahren und 2G in den 1990er-Jahren arbeiteten die Geräte noch ausschließlich im Megahertz-Bereich. Die dritten und vierten Mobilfunkgenerationen 3G (UMTS) ab 2003 und 4G ab 2010 konnten schon zusätzliche Frequenzen bis über zwei Gigahertz verwenden. Und 5G verdoppelt diese Werte nochmals und nutzt elektromagnetische Wellen von bis zu 3,8 Gigahertz.

Dass die Verantwortlichen bislang so einhellig auf immer hochfrequentere Netze setzen, hat einen einfachen, physikalischen Grund: Für höhere Bitraten braucht man höhere Frequenzen. Warum diesen Weg also nicht fortsetzen und die Frequenzen weiter erhöhen? »Im Prinzip ist der Ansatz durchaus sinnvoll. Wir arbeiten bereits weiter an einer Erhöhung der nutzbaren Frequenzen für die Drahtloskommunikation nach 5G, um mit den dadurch möglichen höheren Bandbreiten Engpässen zuvorzukommen«, bestätigt Lars Liebermeister vom Fraunhofer-Institut für Nachrichtentechnik, Heinrich-Hertz-Institut, HHI. Die Frage sei nur: Wie die Hochfrequenzen am besten erzeugt und gemessen werden, um die Hochfrequenzelektronik für das Internet und Funksysteme von morgen entwickeln und erproben zu können.

Wie dringlich eine Antwort auf diese Frage ist, zeigt die künftige Entwicklung: Weil insbesondere prozess- und sicherhitskritische Anwendungen wie vernetztes und autonomes Fahren oder die weitere Verbreitung von Industrie 4.0 bereits in einigen Jahren zuverlässige Echtzeitkommunikation in noch weit höheren Umfängen als heute erfordern, haben Institute und Unternehmen bereits Funklösungen von etwa 30 GHz bis 300Ghz, also auf der Schwelle des Terahertzwellenbereichs, im Blick.

Doch trotz der positiven Erfahrungen bei der steten Weiterentwicklung von Megahertz und Gigahertz in den vergangenen fast 50 Jahren: Der Weg Richtung Terahertzbereich dürfte steiniger und problematischer sein als die Entwicklungsphasen davor. Zumindest, wenn die bisherigen Mittel genutzt werden.

Forschung mit technischem Handicap

Der Grund: Allein die Erzeugung derart hochfrequenter Wellen im Labor ist technologisch kniffelig, die Umsetzung technisch anspruchsvoll und das dafür nötige Equipment teuer. Und das, obwohl letztlich »nur« Wellen mit einer niedrigen Frequenz als »Ausgangsmaterial« genutzt werden, um dann – mithilfe von auf Elektronik basierenden Frequenzvervielfachern – die Frequenz Schritt für Schritt zu erhöhen. »Die Vorgehensweise mag sich zwar recht einfach anhören, aber allein die Ausstattung einer Laborumgebung erfordert hohe Investitionen«, betont David de Felipe Mesquida, der genau wie sein Kollege Lars Liebermeister am Fraunhofer HHI an den Grundlagen für die Entwicklung der nächsten Mobilfunkgeneration arbeitet.

Erschwerend komme hinzu, dass jede Ausstattung nur einen Teil des Hochfrequenzspektrums abdecken kann. Für Experimente und Tests von Hochfrequenz-elektronik für die verschiedenen Frequenzbänder sind jeweils eigene, speziell darauf ausgerichtete Module erforderlich. Die Konsequenz: Systementwickler*innen brauchen ein ganzes Set von zehn oder sogar noch mehr verschiedenen Laborausstattungen. Allein schon deshalb kommt die Weiterentwicklung der Funkelektronik für Terahertzwellen nur schleppend voran. Insbesondere kleine und mittlere Unternehmen, die Elektronikkomponenten für den Hochfrequenzfunk entwickeln wollen, haben keinen oder nur stark eingeschränkten Zugang zu den dafür erforderlichen Forschungstechnologien.

Optische Wellen als Lichtblick

Ändern soll sich das durch die Forschungsergebnisse des von der EU geförderten und als »wissenschaftliche Innovation« ausgezeichneten Projekts »TERAmeasure«. Dabei entwickeln Forscher*innen des Fraunhofer HHI gemeinsam mit Kolleg*innen anderer wissenschaftlicher Institute und Industriepartnern aus Spanien, Schweden, dem Vereinigten Königreich und Deutschland eine neuartige Technologieplattform, mit der sich Hochfrequenzbauteile und -geräte bei Frequenzen im Terahertzbereich testen und charakterisieren lassen. Und dies einfacher und günstiger als mit den dafür bisher üblichen Verfahren. Die Basiskomponenten dafür sind am Fraunhofer HHI entwickelte Sende- und Empfangselemente auf Basis von Indium-Phosphid (InP) Halbleitertechnologie.

Das zugrunde liegende Verfahren nutzt einen vollkommen neuen Ansatz: Statt niederfrequente Funkwellen mit hohem technischen Aufwand auf immer höhere Frequenzen zu bringen, verwendet TERAmeasure Lichtwellen im Infrarotbereich. »Als Ausgangspunkt nutzen wir Wellen mit einer Frequenz von einigen Hundert Terahertz, arbeiten also mit Infrarotlicht wie es auch bei der Glasfaserkommunikation verwendet wird«, sagt Liebermeister. Dafür erzeugen zwei Laser zunächst zwei optische Wellen unterschiedlicher Frequenz. Beide Wellen werden an eine Fotodiode herangeführt. Aus der Überlagerung der Lichtsignale lässt sich hier die Differenz zwischen den Frequenzen als eigene elektromagnetische Welle – nun im Terahertzspektrum des Funkbereichs – abstrahlen.

Dieses Grundprinzip ermögliche es, kontrolliert jede beliebige Frequenz in dem für Funkanwendungen relevanten Giga- und Terahertzbereich zu erzeugen. Zudem – und das ist letztlich der Clou - sei dafür nun auch kein separates Laborequipment für jeden einzelnen Frequenzbereich mehr nötig. Allein im Terahertzfunkspektrum sind dafür aktuell noch zehn getrennte Bereiche definiert. Vielmehr genüge es, die Lasersignale zu verstimmen, um das gesamte, relevante Wellenspektrum abzudecken. Sämtliche Verfahren zur Erzeugung, Detektion und Messung der Frequenzen werden im Zuge des Projekts in kompakte Chipsysteme integriert. Die neuartige Mess- und Testeinrichtung baut auf der am Fraunhofer HHI entwickelten polymerbasierten photonischen Integrationsplattform »PolyBoard« auf.

Fusion aus Hochfrequenztechnik und Photonik

Wie das möglich ist, erklärt de Felipe. Denn während sich Liebermeister und sein Team auf Lösungen zum Bereich optoelektronische Terahertzmesstechnik konzentrieren, sind er und sein Team verantwortlich für die kompakte Bauweise auf hybriden, photonisch integrierten Schaltkreisen, kurz: PICs. »In einen hybriden PIC lassen sich sowohl optische als auch elektrooptische Elemente integrieren und miteinander verbinden«, sagt de Felipe. Beim TERAmeasure-System seien das neben den beiden Lasern sowie Fotodioden auch Filter für die Echtzeit- und In-Situ-Frequenzbestimmung der Laser. In den InP-basierten THz Strahl- und Empfangselementen erfolgt der Übergang von der Photonik zu dem ebenfalls integrierten Antennensystem, über das die gewünschte elektromagnetische Welle abstrahlt werde. Gekoppelt sind die Komponenten mit speziellen Siliziumwellenleitern, in denen sich die Frequenzen kontrolliert führen lassen.

»Mittlerweile konnten wir und unsere Projektpartner die zentralen Komponenten des Systems unter Laborbedingungen erfolgreich testen. Nun bereiten wir gemeinsam den Aufbau eines Demonstrators vor. Mit ihm wollen wir die Verzahnung von Photonik und Funktechnik auch in der Praxis erproben und nachweisen, dass eine Umsetzung des TERAmeasure-Konzepts als hochintegriertes, kompaktes Test- und Messequipment möglich ist«, sagt Liebermeister. Im Unterschied zu den bisher gängigen Verfahren seien dafür also nicht mehr je nach Frequenzband verschiedene teure Technologien erforderlich. »Es reicht ein System, um Messungen und Tests über das gesamte, relevante Wellenspektrum durchführen zu können.«

(stw)

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Dr. Lars Liebermeister
  • Fraunhofer-Institut für Nachrichtentechnik Heinrich-Hertz-Institut HHI
Dr.-Ing. David de Felipe Mesquida
  • Fraunhofer-Institut für Nachrichtentechnik Heinrich-Hertz-Institut HHI
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