Für ein schnelles und lückenloses Erkennen potentieller Gefahren auf Großflughäfen sind intelligent zusammenarbeitende Überwachungstechnologien grundlegend. Im Verbundprojekt LocON wurden deshalb neue Lokalisierungstechnologien entwickelt und erprobt. Zudem wurde die Fusion verschiedener Überwachungsinformationen auf einer Plattform prototypisch umgesetzt. Die europäischen Forschungspartner demonstrierten die Zukunft der Flughafensicherung nun unter realen Bedingungen anhand einer Testinstallation am portugiesischen Flughafen Faro.

Ferienbeginn – vor und hinter den Kulissen herrscht in sämtlichen Bereichen des Flughafens Hochbetrieb, denn es gibt Starts und Landungen im Minutentakt: Tausende von Reisenden drängen sich an den Schaltern und in den Wartebereichen. Zwischen dem Flughafengebäude und dem Vorfeld herrscht reger Verkehr – Kofferwagen rollen dicht an dicht hinaus und hinein, Service-LKWs machen sich auf den Weg zu den geparkten Maschinen, und dazwischen sind Technikerteams und Mitarbeiter verschiedenster Subunternehmen eilig dabei, die Flugzeuge auf ihren nächsten Start vorzubereiten.

Eine ganze Wand aus Bildschirmen zeigt im Kontrollraum Ausschnitte der Szenerien, wie sie von den in allen Bereichen des Flughafens installierten Überwachungskameras eingefangen werden. Für das Sicherheitspersonal ist es dennoch eine fast unlösbare Aufgabe, den Überblick zu bewahren. Bewegt sich ein Fahrzeug auf der falschen Route, und entsteht damit gar ein Unfallrisiko? Halten sich Personen in den Hallen oder auf dem weitläufigen Vorfeld in einem Bereich auf, in dem sie eigentlich gar nicht sein dürfen?

Die Sicherheitsplattform der Zukunft hingegen könnte Fragen wie diese schnell beantworten und etwaige Risiken sofort erkennen. Ihr Bildschirm zeigt dabei den virtuellen Plan im Übergangsbereich zwischen Gebäude und Vorfeld. Halten sich dort Personen unbefugt auf, werden entsprechende Symbolfiguren und kurze Meldungen angezeigt. Und am Bildschirm daneben werden die Aufnahmen der Überwachungskamera eingespielt, auf denen die potentiell verdächtige Person „live“ zu erkennen ist. Kollegen in der Nähe des Geschehens werden alarmiert und haben die Person schnell erreicht, um die Sachlage zu klären. Das “Errichten“ virtueller Zäune – sogenanntes Geofencing – zwischen den einzelnen Bereichen des Flughafenareals verhindert zusätzlich, dass ein Mitarbeiter des Flughafens oder eines Subunternehmens unautorisiert eine der Sicherheitszonen betritt. Überschreitet er den „Zaun“, wird durch das Geofencing-System sofort ein Alarm ausgelöst. Im Kontrollraum könnte der virtuelle Flughafenplan inzwischen bereits einen neuen Detailausschnitt zeigen: Dieses Mal einen Bereich zwischen den Fahrwegen der Flugzeuge. Ein Fahrzeug, welches sich abseits der festgelegten Routen bewegt und droht, mit einer gelandeten Maschine zusammenzustoßen, wird dann als rot markiertes Fahrzeugsymbol  angezeigt. Über Funk weist das Sicherheitsteam den Fahrer auf die drohende Gefährdung hin und kann so eine kritische Situation rechtzeitig verhindern. Nicht nur in solch einem akuten Gefährdungsfall profitieren die Mitarbeiter im Kontrollraum von der virtuellen Übersicht über das Geschehen auf dem Flughafenareal. Weil sie jederzeit über die aktuellen Standorte und Bewegungen von Maschinen und Fahrzeugen informiert sind, lassen sich auch im Normalfall die Abläufe effizienter planen und steuern.

Noch ist solch ein System, das auf den weitläufigen Arealen der Flughäfen eine lückenlose Kontrolle von Personen, Fahrzeugen und Objekten ermöglicht allerdings nur ein Blick in die Zukunft. Wie und dass ein derartiger Sicherheitsstandard im Ansatz schon heute umsetzbar ist, demonstrierten neun europäische Forschungspartner – unter anderem das Fraunhofer IIS – in diesem Frühjahr auf dem portugiesischen Flughafen Faro. Im von der EU geförderten Projekt LocON entwickelten sie die Grundlagen solch einer integrativen Sicherheitsplattform sowie die für die verschiedenen Bereiche eines Flughafens geeigneten Ortungs- und Überwachungstechnologien.

Ein Forschungsschwerpunkt war dabei die Zusammenführung, Auswertung und visuelle Aufbereitung der von unterschiedlichen Ortungssystemen gelieferten Daten auf einer gemeinsamen Sicherheitsplattform. Werden im Außenbereich zum Beispiel alle Fahrzeuge wie Passagierbusse, Tanklaster oder Servicefahrzeuge über GPS-Ortung erfasst, so ist die Sicherheitsplattform damit in der Lage, ihre Fahrwege in Echtzeit mitzuverfolgen. Ein Problem dabei ist allerdings, dass die satellitengestützte Positionsverfolgung abbricht, sobald sich ein Fahrzeug ins Innere der Hallen oder in der Nähe eines Terminals bewegt. Damit dennoch ein lückenloses Erkennen von Gefahren möglich ist, sind zusätzliche Lokalisierungstechnologien notwendig. Unter anderem erprobten die Projektpartner dafür die praktische Anwendung von Techniken zur Positionsbestimmung über Ultra Wide Band (UWB-Ortung), WLAN sowie weiterer Funklösungen. Eine besondere Herausforderung war dabei, die bisher nicht standardisierten Protokolle der verschiedenen Ortungstechnologien miteinander zu verknüpfen. Über ein eigens erstelltes, einheitliches und von der jeweiligen Ortungstechnologie unabhängiges LocON Protokoll ist es nun möglich, die verschiedenen Systeme auf einer gemeinsamen Sicherheitsplattform zu verarbeiten. Zusätzlich entwickelten die Forscher Verfahren für eine kontinuierliche Ortungsbestimmung eines Objektes, das von zwei oder sogar mehreren Lokalisierungssystemen bedient wird. Denn nur auf diese Weise ist eine lückenlose Kontrolle aller Bewegungen möglich. Auf der Sicherheitsplattform werden die Positionsinformationen anhand definierter relevanter Situationsmuster stetig geprüft.
Besonders intensiv ist der Personen- und Fahrzeugverkehr in dem Übergangsbereich zwischen dem Vorfeld und den Terminals. Die Maschinen müssen be- und entladen sowie für den nächsten Start vorbereitet werden und in den direkt angrenzenden Hallenbereichen wird das Gepäck abgefertigt. Dort sind auch die Stützpunkte der Serviceteams untergebracht. Speziell für diesen Bereich setzten die Forscher des Fraunhofer IIS eine durchgängig geeignete Lösung zur personenbezogenen Lokalisierung um: Dabei erhalten alle Personen, Fahrzeuge und Objekte einen Funksender, dessen Signale kontinuierlich von speziellen Antennen erfasst werden, die auf dem Gelände verteiltet sind. Über Analysen von Einfallswinkel und Laufzeit der Signale lässt sich so jede Bewegung der Funksender in Echtzeit lokalisieren und mitverfolgen. Ein wichtiger Vorteil des Systems ist, dass es sowohl geeignet ist, den relativ weitläufigen Bereich des Vorfelds komplett abzudecken als auch im Innern der Gebäude funktioniert.

Die Ortung und Bewegungsverfolgung von Personen und Objekten ermöglicht es, das gesamte Geschehen auf dem Flughafenareal zu überblicken. Voraussetzung dafür ist allerdings auch, dass jede dieser Personen beziehungsweise jedes dieser Objekte auch seinen Funksender oder Ortungs-Tag bei sich hat. Ein entscheidendes Sicherheitsproblem bleibt also mit diesem Setup noch ungelöst: das Identifizieren von Personen und Objekten, die nicht Teil des Sicherheitskonzeptes sind. Damit auch solche Ereignisse von der Sicherheitsplattform augenblicklich und selbsttätig erkannt werden können, arbeiten die Forscher daran, weitere Beobachtungsinformationen mit ihrem Überwachungssystem zu fusionieren. Eine unbekannte Person etwa könnte durch eine integrierte Auswertung der Bilder von Überwachungskameras identifiziert werden: Alle Personen, die Teil des Sicherheitssystems sind, also einen Ortungssender tragen, sind auch im LocON-System erfasst. Werden diese Positionsinformationen nun zusätzlich für einen Abgleich mit den Bildern einer Überwachungskamera genutzt, werden auch Personen ohne Sender detektierbar. Das System könnte also auch hier das Sicherheitspersonal unverzüglich vor der möglichen Gefahr warnen.

In einem Nachfolgeprojekt zu LocON wollen Fraunhofer IIS und einige europäischer Forschungspartner ihren Prototypen einer integrierten Sicherheitsplattform für Flughäfen nun weiterentwickeln und in Zusammenarbeit mit dem portugiesischen Flughafenbetreiber ANA im Flughafen Faro erproben.

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