Sensoren, Funksender und mobile Ortungstechnologie machen Logistikprozesse effizienter und sicherer – allerdings nur, wenn den kleinen elektronischen »Helfern« unterwegs nicht die Energie ausgeht.

 Eine Alternative zur Energieversorgung per Batterie bieten neuartige Lösungsansätze des „Energy Harvesting“. Mit einem speziellen Datenlogger erfassen und analysieren Forscher vom Fraunhofer IIS nutzbare Energiepotenziale. Nämlich die bei der Fahrt verursachten Vibrationen beim Gütertransport auf Straße, Schiene oder Schiff.

Sensoren, die rechtzeitig vor einer Unterbrechung der Kühlkette warnen, GPS-Module, die den gesamten Transportweg von Containern und Waren lückenlos dokumentieren oder mobile Funksender, die kontinuierlich Statusmeldungen über den Logistikfluss liefern – elektronische Unterstützung von Logistikprozessen wie diese sind erst durch die erfolgreiche Miniaturisierung in der Elektronik möglich geworden. Doch nicht nur die Größe der Geräte hat sich stark verringert, sondern auch ihr Energieverbrauch. Dieser kann im Idealfall durch eine einzige Batterie gedeckt werden. Doch auch diese Batterie etwa an Bord eines Transportmittels muss irgendwann einmal aufgeladen werden. Dies hat zur Konsequenz, dass die Energieversorgung der mobilen Elektronikkomponenten zur Achillesferse ganzer Logistikprozesse werden kann. Denn nur, wenn ein Servicetechniker rechtzeitig für das „Nachladen“ des Energiespeichers an den Transportbehältern, Containern oder auch direkt an den einzelnen Waren sorgt, ist sichergestellt, dass der mobile Informationsfluss unterwegs nicht plötzlich abreißt.

Ziel des „Energy Harvesting“ ist es deshalb, das ständige Aufladen von Hand unnötig zu machen und die mobilen Elektronikkomponenten trotzdem jederzeit mit ausreichend Energie zu versorgen. „Dabei werden Energiewandler wie Solarzellen, Thermogeneratoren oder mechanische Generatoren eingesetzt, um in der Umgebung vorhandene Energie wie Licht, Wärme oder Bewegung für den unterbrechungsfreien Betrieb der mobilen Elektronik nutzen zu können“, erklärt Dr.-Ing. Peter Spies, Leiter der Arbeitsgruppe „Integrierte Energieversorgungen“ am Fraunhofer IIS. Für den Bereich des Warentransports besonders geeignet seien Energiewandler, die aus den unterwegs am LKW, Bahnwaggon oder Schiff auftretenden Vibrationen elektrische Energie gewinnen. Bereits die Krafteinwirkung minimaler Vibrationen reicht aus, um mit piezoelektrischen Generatoren Strom für mobile Elektronikkomponenten zu erzeugen.

Voraussetzung dafür, dass solche Energy Harvesting-Ansätze nicht nur im experimentellen Umfeld des Entwicklerlabors, sondern auch in der täglichen Praxis zuverlässig funktionieren, ist allerdings eine sehr exakte Abstimmung von Funktionalität, Leistungsfähigkeit und Arbeitsbereich des Energiewandlers und des Power Managements der jeweiligen mobilen Elektronikgeräte. Denn nur so lässt sich erreichen, dass die unterwegs während der Fahrt „geerntete“ Energie auch ausreicht, um die Stromversorgung während Ruhezeiten des LKWs oder während Verladevorgängen zuverlässig aufrecht zu erhalten. „Für den Entwurf und die Umsetzung solcher energieautarker Sensor- und Kommunikationslösungen müssen wir also die nutzbaren Vibrationsquellen für den jeweiligen Anwendungsbereich vorab bereits sehr detailliert kennen“, so Spies. Und um genau dieses zu erreichen, entwickelten die Forscher am Fraunhofer IIS einen speziellen Datenlogger.

Diese kompakte und robuste Analyseeinheit wird am vorgesehenen Einsatzort des Energiewandlers, etwa dem Ladebereich eines LKWs oder eines Bahnwaggons, angebracht und mit auf „Tour“ geschickt. Die Messelektronik im Innern des Datenloggers erfasst nun kontinuierlich wichtige Kenngrößen der Vibrationsquelle. Dazu gehören unter anderem Frequenzspektrum, Amplitude oder Beschleunigung. Die so gesammelten Informationen über das verfügbare Energiepotenzial entlang gesamter Logistikketten erlauben danach eine sehr genaue Analyse der Anforderungen an dafür geeignete Energy Harvesting-Konzepte. „Der Datenlogger liefert uns das notwendige „Erfahrungswissen“, um sowohl die Energiewandler selbst zielgerichtet zu optimieren, als auch Wandler und die elektronischen Verbraucher zu einem zuverlässigen, energieautarken Gesamtpaket zu kombinieren“, betont Spies.

Außer in der Logistik konzipieren und realisieren die Forscher am Fraunhofer IIS die Energiegewinnung aus Vibrationen auch für die Stromversorgung von Displays, Sensoren oder Funkmeldern an Maschinen und Produktionsanlagen. Auch für die Strukturüberwachung wurden bereits Energy Harvesting-Lösungen entwickelt. So ist es bereits gelungen, die Vibrationen einer Brücke mit Energiewandlern so effizient zu nutzen, dass damit eine Stromversorgung drahtloser Funksensoren zur Belastungsmessung möglich ist. Für den Einsatz von Energy Harvesting in weiteren Anwendungsbereichen stehen am Fraunhofer IIS vom Datenlogger und Analysetool bis hin zu Prototypen komplette energieautarke Sensor- und Kommunikationslösungen zur Verfügung. Dabei ist je nach Einsatzzweck auch eine kombinierte Stromgewinnung aus verschiedenen Umgebungsenergien denkbar, etwa die zusätzliche Nutzung von Wärmeunterschieden oder Druckkräften.

Vielleicht werden Brummifahrer dann bald kein Interesse mehr an glatten Autobahnen haben. Denn je mehr es ruckeln wird, desto mehr Energie könnte während der Fahrt geerntet werden.

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Dr.-Ing. Peter Spies
  • Fraunhofer-Institut für Integrierte Schaltungen IIS
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