Fotoshooting für Weinreben, Gerste und Co.
Spezielle Kameraaufnahmen erlauben Bestimmung des Gesundheits- & Ernährungszustandes
Der Ertrag in der Landwirtschaft ist von vielen Faktoren abhängig: Temperatur, Regen, Unwetter, Schädlinge, Qualität des Bodens und damit die Versorgung mit Nährstoffen, um nur einige zu nennen. Hinzu kommt, dass landwirtschaftliche Nutzflächen sehr groß sind – oft deutlich größer, als wir es in Deutschland gewohnt sind. Damit ist ihre Kontrolle keine einfache Aufgabe. Vor allem, wenn man z.B. den Krankheitsbefall oder Wassermangel erst feststellt, nachdem dieser sich bereits ausgebreitet hat oder Schaden anrichtet. Doch das Fraunhofer IFF kann hier Abhilfe schaffen.
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Kulturpflanzen, insbesondere als Monokulturen angebaut, sind für den Befall und vor allem die Ausbreitung von z.B. Pilzen wie Mehltau sehr anfällig. Denn noch bevor die Pflanze Anzeichen des Befalls mit bloßem Auge erkennen lässt, hat der Pilz in ihrem Inneren längst Sporen gebildet und sich weiter und weiter verteilt. Hinzu kommt: je größer die bewirtschaftete Fläche, umso langwieriger und teurer sind manuelle Kontrollen. Entdeckt der Landwirt dann also doch kranke Pflanzen, bleibt oft nur noch die weitläufige chemische Behandlung des Gebiets, zum Nachteil des Ertrags, der Umwelt und der betrieblichen Einnahmen.
Bild: Fraunhofer IFF
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Das Fraunhofer-Institut für Fabrikbetrieb und -automatisierung IFF hat sich der Lösung dieses Problems gewidmet. Im Vordergrund stand dabei eine Methode zu finden, die nicht nur zügig für große Flächen funktioniert, sondern auch ausreichend präzise und außerdem wirtschaftlich ist. Dafür machen sie sich das Prinzip zu Nutze, dass auch Pflanzen – je nach Krankheitsbefall oder Mangelerscheinung – bestimmte Stoffe bilden, um sich beispielsweise gegen den Pilz zur Wehr zu setzen oder den Mangelzustand zu überstehen und das noch bevor sich die Blätter verfärben oder die Früchte leiden.
Bild: Fraunhofer IFF
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Diese Stoffe sind zwar für das menschliche Auge nicht sichtbar und schon gar nicht aus einem Flugzeug, sehr wohl aber für eine hyperspektrale Kamera. Diese wird, wie hier in Australien, an einem Flugzeug befestigt und der Pilot überfliegt damit das zu untersuchende Gebiet. Denn die Kamera kann nicht nur das sichtbare Licht aufnehmen, sondern auch Wellenlängen, die für uns nicht sichtbar sind, etwa Infrarot- und UV-Strahlung. Aus dem Lichtspektrum, dass die Pflanze abgibt schließt wiederum ein mathematischer Algorithmus bzw. ein ganzes Modell auf die Inhaltsstoffe der Blätter bzw. Pflanze.
Bild: Fraunhofer IFF
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Leidet eine oder mehrere Pflanzen also an einer Krankheit und benötigt Wasser oder andere Nährstoffe, dann emittiert sie Strahlung einer anderen Wellenlänge als ein gesundes Exemplar. Und diese Unterschiede kann eine hyperspektrale Kamera aus der Luft erkennen. Dabei entsteht ein Bildstapel, der die zweidimensional aufgelösten Ortsinformationen enthält – also jeder Pixel enthält den spektralen Abdruck an genau dieser Stelle. Neben festgelegten Substanzen kann das Computermodell aus diesem Fingerabdruck mit entsprechendem Training sogar nahezu beliebige Informationen über die Pflanzen oder die bebaute Fläche extrahieren.
Bild: Fraunhofer IFF
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Die zuvor festgelegten Substanzen kann das Computermodell dann als andersfarbige Flächen darstellen, wie hier für das Mc Laren Vale in Australien. So können die Landwirte früher und präziser Pflanzenschutzmittel einbringen und den Krankheitsbefall ggf. frühzeitig eindämmen. Oder genau bestimmen, welche Fläche tatsächlich bewässert werden muss und welche nicht. Das bringt ökologische und ökonomische Vorteile mit sich. Und die Technik kann beliebig erweitert werden, zum Beispiel, um im Weinanbau nach der Ernte die Qualität der Trauben objektiv festzustellen – denn naturgemäß haben Verkäufer und Käufer dazu verschiedene Meinungen.
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InSpector – der Pflanzenscanner ist ein Punktspektrometer, dass mobil eingesetzt werden kann. Der integrale Messfleck kann beliebig auf dem Objekt positioniert werden, im Labor und in der Feldnutzung. Dabei deckt das handliche Gerät die volle spektrale Bandbreite von 400 bis 2500 nm ab.
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Über einen Tablett-Computer oder das Smartphone kann der Pflanzenscanner mittels spezieller App gesteuert werden. Die Echtzeituhr und der GPS-Empfänger des Gerätes speichern zu jeder bearbeiteten Probe Uhrzeit und Geo-Koordinaten. Außerdem werden die Messwerte sofort angezeigt und können auf dem Gerät gespeichert oder mittels Wi-Fi oder mobiler Datenverbindung gespeichert werden. Das macht die Auswertung handlich und schnell.
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Im Spektrallabor stehen eine Vielzahl weiterer Aufnahmeplätze für verschiedene Einsatzgebiete zur Verfügung. So kann an diesem Arbeitsplatz mit zwei Hyperspektralkameras zeitgleich gearbeitet werden. Die eine Kamera mit 160 Kanälen bildet dabei den visuellen Bereich der Wellenlängen von 400 bis 1000 nm ab. Die zweite Kamera mit 256 Kanälen den Infrarotbereich, also 1000 bis 2500 nm. Dazu können die Untersuchungsobjekte relativ zu den Kamers verschoben und so zeilenweise gescannt werden. Damit können insgesamt 316 wellenlängenabhängige Intensitäten erfasst werden – eine große Menge an Daten, die einmal geclustert und berechnet, Blätter derselben Pflanzenart oder Stressreaktion zuverlässig erkennt.
Bild: Fraunhofer IFF
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Für viele Einsatzgebiete ist das aber nicht notwendig. Denn kleinere, handliche Hyperspektralkameras können mittlerweile auch an Drohnen montiert werden. So wäre zum Beispiel auch ein Einsatz auf deutschen Äckern vorstellbar.
Denn auch unsere Getreidesorten sind auf Hochleistung ausgelegt: maximaler Kornertrag in unserer Klimazone und auf unseren Böden. Dabei bleiben Resistenzen natürlich immer wieder auf der Strecke. Diese versucht man aufwändig aus Wildsorten wieder in das Saatgut für das neue Jahr hineinzukreuzen. Eine langwierige Aufgabe. Und auch die Nutzung von Getreidesorten in unwirtlichen Gebieten, die z.B. besonders trocken oder feucht sind, versuchen Züchter so zu ermöglichen.
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Dazu kreuzen Züchter immer wieder Hochleistungsgetreide mit Wildsorten aus dem jeweiligen Gebiet. Das Ergebnis: zahlreiche Genotypen, die die Züchter auf ihre Qualitätsmerkmale hin untersuchen müssen, um diejenigen zu identifizieren, die die Vorteile aus beiden Elternsorten vereinen und die Nachteile ausmerzen.
Die diversen Genotypen zu identifizieren kostet jedoch viel Zeit und erfordert viel Handarbeit, denn alle Untersuchungen müssen aufwendig im Nass-Labor durchgeführt werden: Pflanzenteile zerkleinern, mischen, verarbeiten, analysieren, …
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Und am Ende erhält der Labormitarbeiter oder die -mitarbeiterin zwar die Werte Stärke, Zucker und Proteine, aber nur für den verarbeiteten Pflanzenteil. Aussagen über Krankheitsresistenzen sind noch schwieriger, denn diese erfolgen über subjektive Bewertungen verschiedener Versuchsgruppen durch den jeweiligen Untersuchungsleiter.
Dass Hyperspektralkameras hier einen Teil der Arbeit objektivieren und beschleunigen können, hat das Fraunhofer IFF bereits gezeigt. Doch lässt sich das Verfahren auch in automatisierte Kreisläufe einbinden?
Bild: Fraunhofer IFF
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Das haben die Forscher im australischen Institut The Plant Accelerator in Adelaide gezeigt. Dort ist die Züchtung neuer Sorten und ihr Test unter verschiedenen Stressfaktoren Alltag und der Aufzuchtprozess wurde bereits automatisiert. So fahren die Pflanzen auf einem Förderband an Stationen für Bewässerung, Größen- und Biomassenmessung und Bildgebung vorbei. Die hyperspektrale Kamera musste also nur als eine weitere Station in diesen Prozess eingefügt werden.
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Dafür wurde zunächst die Methode so erweitert, dass statt eines einzelnen Blattes oder des Korns direkt das gesamte Gewächs fotografiert wird. Der spektrale Fingerabdruck der Pflanze wird verarbeitet und zehn Sekunden später spukt dann das mathematische Modell die Mengen aller interessanten Inhaltsstoffe aus.
Die muss es dafür natürlich zuvor zumindest exemplarisch kennen lernen. Auch da war die Zusammenarbeit mit den Kollegen aus Australien sehr wertvoll, denn während diese eine Liste mit Inhaltsstoffen verschiedener Genotypen lieferten, konnten diese Daten zusammen mit den spektralen Fingerabdrücken an das Trainingsmodell gegeben werden, welches Stück für Stück lernte, die Zusammenhänge zwischen Inhaltsstoffen und aufgenommenen Spektren zu erkennen.
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Und es können sogar noch mehr Daten automatisiert erfasst werden. Möchten die Wissenschaftler neben den biochemischen Merkmalen auch die geometrischen oder strukturellen Eigenschaften einer Pflanze erfassen, so kann die Hyperspektralkamera in Kombination mit zum Beispiel einer hochauflösenden Farbkamera eingesetzt werden. Wie hier im Bild, welches in Kooperation mit dem Leibniz-Institut für Pflanzengenetik und Kulturpflanzenforschung (IPK) entstand. Die Mitarbeiter dort analysieren auch kleinste Strukturen auf der Blattoberfläche, sogenannte Trichome. Daher ist diese gemeinsame Datenaufnahme für sie besonders wertvoll.
Natürlich ist die Anschaffung einer Hyperspektralkamera nicht günstig. Je nach Gewicht, Größe und Auflösung, ist diese für verschiedene Aufgaben geeignet. Die Geschwindigkeit und Objektivität in der Auswertung und die daraus resultierenden Kosteneinsparungen sind jedoch so groß, dass sich die Anschaffung oftmals nach einem bis drei Jahren amortisiert. Und besser für die Umwelt ist es auch noch.
Bild: Fraunhofer IFF
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Die Zeichnung verdeutlich noch einmal das zuvor beschriebene Prinzip. Auf der linken Seite sieht man die Aufnahme der spektralen Fingerabdrücke und die Nasslaboruntersuchungen, die jeweils an den gleichen Pflanzen durchgeführt werden. Anschließend werden beide Datenarten in dasselbe mathematische Modellwelches zum Beispiel durch ein neuronales Netz gebildet werden kann gegeben. Dieses lernt an Hand von immer mehr Trainingsdaten die Zusammenhänge zwischen Wellenlängen und Inhaltsstoffen erkennen und kann anschließend im Produktivbetrieb, wie rechts dargestellt, automatisiert arbeiten.
Nasslaboruntersuchungen sind damit nur noch Stichprobenartig nötig, um das System zu validieren.
Bild: Fraunhofer IFF
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Der Agrover ist als Fahrzeug speziell für die Aufnahme von hyperspektralen Bildern entwickelt worden. Er kann sowohl im Feldbestand als auch im Zuchtgarten zum Einsatz kommen und kann selbst gefahren oder ferngesteuert werden. Die Ortsbestimmung erfolgt wahlweise über QR-Codes am Feldrand oder über GPS/RTK. Außerdem erlaubt die modulare Bauweise die Anpassung des Agrovers an den jeweiligen Außeneinsatz. Aber auch die Integration der Hyperspektralkamera in bereits bestehende Landmaschinen und Fahrzeuge ist möglich.
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Prof. Udo Seiffert und zwei Kooperationspartner im Gewächshaus bei der Aufzucht und Untersuchung von Zuckerrüben. Denn auch wenn diese bereits seit Jahrhunderten in unserem Kulturkreis angebaut werden, so sorgt unter anderem der Klimawandel für ein verstärktes Auftreten von u.a. Rizomania, Cercospora und Rhizoctonia, schon an ihren Namen als Krankheitserreger erkennbar und können für Ernteausfälle von bis zu 70% sorgen. Damit wird die Nachzucht resistenter Sorten für unsere Landwirte immer wichtiger, wollen wir nicht alles mit Pflanzenschutzmitteln bedecken.
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Dazu werden, ebenso wie in Australien, Hochleistungssorten und Wildsorten miteinander gekreuzt und die neue Generation auf ihre Widerstandsfähigkeit gegen verschiedene Pilze und Erreger hin untersucht. Die Daten trainieren anschließend über maschinelles Lernen ein künstliches neuronales Netz. Und am Ende kann das Modell Aussagen treffen über den Befall oder Nichtbefall sowie den Grad des Befalls der jeweiligen Pflanzenteile.
Die Zeitersparnis für die Züchter setzt sich nicht nur aus der schnelleren und objektiveren Auswertung zusammen, sondern auch daraus, dass die Kamera Befall schon erkennen kann, bevor die Pflanze sichtbare Symptome zeigt. Die Forscher vom Fraunhofer IFF konnten so für den Erreger Rhizoctonia solani einen Vorsprung von mehreren Tagen validieren. Und das pro Generation! Dieses System war 2016 Hugo-Junkers-Preisträger in der Kategorie Beste Produktentwicklung. (amt)
Bild: Fraunhofer IFF