Egal ob Schule, Betriebsausflug oder ungewöhnliche Firmenpräsentation. Schnitzeljagden sind bei Lehrern und Personal- sowie Marketingverantwortlichen eines der ersten Mittel der Wahl, wenn es darum geht, Kennenlernen und Spaß miteinander zu verbinden. Mittlerweile werden mehr und mehr klassische Schnitzeljagden durch Smartphone und das GPS-basierte Geocaching abgelöst. Die Suche beschränkt sich dann allerdings fast ausschließlich auf den Ort. Mit einem neuen Tool lassen sich derartige Angebote nun deutlich vielfältiger und einfacher erstellen. (Fast) so »kinderleicht«, dass eine Kinderausstellung die technischen Möglichkeiten genutzt hat und mit seiner App »Zwergenwelten« nun sogar für den eco Internet Award nominiert wurde.

Das Überraschungsei ist eine Erfolgsgeschichte. Seit über 30 Jahren versprechen Hersteller und Werbung eine Kombination aus Spiel, Spaß und was zum Naschen. Auch soll es mitunter Lerneffekte geben. Sei es beim Zusammenbau von Figuren oder beim Nutzen der kleinen technischen Gimmicks, die in jedem Ei versteckt sind. Den jungen Besuchern des Stadtmuseums Hagen dürfte es jedoch schwerfallen, sich mit derartigen Kinder-Klassikern zufriedenzugeben. Denn die Macher der Ausstellung »Zwergenwelten« bieten ihnen dort – erstmals und einmalig in Deutschland – eine andere und völlig neue Dimension von Spiel, Spaß, Technik und Lerneffekten: In freier Natur und ganz ohne Gefahr zu laufen, sich an zu viel Schokolade den Magen zu verderben.

Genau wie ihre Ausstellung über die Welt von Zwergen, Elfen und Nixen haben die für beides verantwortlichen »Museumsratten« dem Spiel ebenfalls den Namen »Zwergenwelten« gegeben. Das Spiel setzt auf eine bislang einzigartige Verbindung von Angeboten für das Geocaching mit Entdeckungsreisen und Lernspielen rund um Fabelwesen. Die dafür notwenige Technik hat das Fraunhofer-Institut für Angewandte Informationstechnik FIT innerhalb des dreijährigen Forschungsprojektes TOTEM (Theories and Tools for Distributed Authoring of Mobile Mixed Reality Game) gemeinsam mit dem Institut Telecom SudParis entwickelt. Mit Hilfe der hier entwickelten »TOTEM«-Werkzeuge lassen sich nun über eine Mobile App (TOTEM.Scout) mit dem Smartphone die jeweiligen GPS-Daten vor Ort »einsammeln« und anschließend mit Hilfe eines web-basierten Tools (TOTEM.Designer) in ein Spiel integrieren. Daraus entsteht im Folgeschritt eine professionelle Mobile-Gaming-App. Alle TOTEM-Tools sind voll integriert, so dass keine Dateien von Hand zwischen dem Mobilgerät und dem Server hin- und herkopiert werden müssen.

»Die besten Ideen für Navigationspunkte und Rätsel kommen in der Regel direkt vor Ort – und das machen wir uns zunutze. Mit dem TOTEM-Autorensystem lassen sich sehr einfach spannende Spielapplikationen für fast jeden Einsatzzweck entwickeln. Im Mittelpunkt steht dabei Spielspaß verknüpft mit Wissensvermittlung und lokalen Besonderheiten. Genauso wie die Zwergenwelten könnte man etwa auch ein Spiel über einen Firmensitz erstellen, um Besuchern oder neuen Mitarbeitern das Unternehmen näherzubringen«, erklärt Dr. Leif Oppermann vom Fraunhofer FIT. »Unsere Werkzeuge bieten als einzige auf dem Markt eine Lösung für einen integrierten Workflow zur Inhaltserstellung und Pflege, der zwischen Smartphone und Bildschirmarbeitsplatz verteilt ist.«

Wo für ein Spiel im Bereich Mobile Gaming bislang fast alle Aufgaben von der Inhaltspflege bis zur Programmierung von Technikern erledigt werden mussten, um nacheinander die Spielstruktur festzulegen, mit Inhalten zu füllen und schließlich zu programmieren, lässt sich nun die Arbeit viel klarer in die Rollen »Spieldesigner«, »Autor« und »Programmierer« aufteilen und damit parallelisieren. Die TOTEM-Autorenwerkzeuge reduzieren auf diese Weise den ursprünglich erheblichen Aufwand der strukturierten Erhebung und Pflege ortsbezogener Inhalte auf einen Bruchteil. Und: Bei diesem bislang ersten »Alltags«-Werkzeug zur Gestaltung mobiler Outdoor-Spiele ist zudem die Integration von GPS-Positionen und Fotos, Audio-Samples, Video-Clips und Texten in beliebiger Kombination möglich. Auch die Nutzung weiterer Technologien zur Ortsbestimmung wie beispielsweise einer WLAN-Positionierung oder von Near Field Communication (NFC) ist kein Problem.

Das mit den TOTEM-Tools erstellte und für den diesjährigen eco Internet Award nominierte Spiel »Zwergenwelten« fördert Kinder in mehrfacher Weise. Christa Becker von den Museumsratten erklärt das so: »Die Kids lernen die Orientierung mit modernen Navigationsinstrumenten kennen. Ihr gemeinsamer Wissensstand zu Märchen, Literatur, Filmen und TV-Serien wird abgefragt und erweitert. Da meist in kleinen Gruppen gespielt wird, werden – neben den kognitiven – auch die sozialen Fähigkeiten gestärkt. Und es lockt die Kinder in die Natur, in der sie sich mittels der Aufgabenstellung bewegen.« 

Mit »Zwergenwelten« wurde erstmals eine Ausstellung und ein externes Spiel miteinander verbunden, um museale Inhalte nach außen zu tragen. »In einer Zeit, in der Museen im Freizeitbereich mit Einrichtungen unterschiedlicher Ausrichtung wie Kinos oder Vergnügungsparks konkurrieren müssen, gelingt es uns auf diese Weise, neue Besucher anzusprechen: Kids werden auf die Ausstellungsinhalte aufmerksam. Auch im Hinblick auf Museumsmarketing und die Bindung künftiger Besucher ist das ein sehr wichtiger Aspekt«, betont Becker.

Da die TOTEM-Werkzeuge an den jeweiligen Anwendungsfall angepasst werden können, sind sie aber längst nicht nur für museale Anwendungen oder die Zielgruppe Kinder prädestiniert. »Bislang sind die Zwergenwelten sozusagen eine Speerspitze beim Aufzeigen der Möglichkeiten von TOTEM. In Zukunft werden die Werkzeuge aber wohl auch von Unternehmen und Institutionen genutzt oder für werbliche Zwecke eingesetzt«, sagt Oppermann. Künftige Einsatzbereiche könnten beispielsweise das Kennenlernen von Firmen für Auszubildende sein oder der Einsatz an Hochschulen und Messen.

Interessenten können beim Fraunhofer FIT eine Lizenz sowie individuelle Anpassungen und Schulungen für die Werkzeuge TOTEM.Scout und TOTEM.Designer bekommen. (ak)

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