Das Bild zeigt ein silbernes MacBook, das auf einem Holztisch im Freien steht. Im Hintergrund ist ein unscharfer, grüner Park mit Bäumen zu sehen. Über der Tastatur und dem Bildschirm des Laptops schweben leuchtend blaue, halbtransparente Sechsecke (Hexagons) in mehreren Reihen. In einigen dieser Hexagons befinden sich Symbole: ein durchgestrichenes Auge (Sehbehinderung), ein Kopf mit Ohr (Hören), eine stilisierte menschliche Figur (Barrierefreiheit allgemein), ein Ohr (Hören) und eine Hand mit ausgestrecktem Daumen (Kommunikation oder Zustimmung). Der Gesamteindruck ist modern und technologisch, mit Fokus auf digitale Barrierefreiheit, Sensorik und Mensch-Technik-Interaktion. Die Farbgestaltung ist hell und freundlich – das Blau der Icons kontrastiert klar mit dem grünen Hintergrund.

Digitale Barrierefreiheit – Kompetenzen von Fraunhofer FIT

Barrierefreiheit im Netz wird Pflicht – das Fraunhofer-Institut für Angewandte Informationstechnik FIT liefert Antworten und praktische Tools, damit digitale Teilhabe keine Ausnahme bleibt.

Deutschland setzt neuen Standard für digitale Barrierefreiheit 

Am 28. Juli 2025 ist in Deutschland das Digitale Barrierefreiheitsgesetz (BFSG) in Kraft getreten. Damit setzt die Bundesregierung den European Accessibility Act in nationales Recht um. Diese EU-Richtlinie legt verbindliche Anforderungen an die Barrierefreiheit von Produkten und Dienstleistungen fest. 

Das Ziel ist klar: Digitale Angebote sollen künftig für alle zugänglich sein, insbesondere für Menschen mit Behinderungen. Webseiten, Apps und digitale Services müssen so gestaltet sein, dass sie auch bei individuellen Einschränkungen bedienbar, verständlich und nutzbar bleiben.

Digitale Barrierefreiheit – vom Amtsdeutsch zur EU-weiten Pflicht 

Digitale Barrierefreiheit ist seit Jahren ein zentrales Thema in Deutschland ebenso wie in Europa. Schon früh hat der Gesetzgeber Regelungen geschaffen, die zunächst vor allem für öffentliche Stellen galten. Ausgangspunkt war die EU-Web Accessibility Directive von 2010/2011. Sie legt europaweit Mindeststandards für die digitale Zugänglichkeit öffentlicher Websites und Anwendungen fest und wurde in Deutschland mit Barrierefreien-Informationstechnik-Verordnung (BITV) umgesetzt. Die aktuell gültige Version 2.3 verpflichtet Behörden, ihre Websites und Apps barrierefrei zu gestalten und dabei festgelegte Normen einzuhalten. 

Maßgebliche Vorgaben liefert das World Wide Web Consortium (W3C) mit den Web Content Accessibility Guidelines (WCAG), die internationale Standards für barrierefreie Webinhalte festlegen. Sie definieren unterschiedliche Konformitätsstufen (A, AA, AAA), die festlegen, wie verständlich, zugänglich und robust digitale Inhalte sein müssen. In der Praxis heißt das: Texte auf Behördenseiten sollten nicht nur in Amtsdeutsch, sondern auch in einfacher Sprache angeboten werden – so können möglichst viele Menschen sie verstehen. Ebenso wichtig sind technische Details: Inhalte müssen so codiert sein, dass Screenreader Texte korrekt vorlesen können, Seiten müssen vollständig mit der Tastatur navigierbar sein, und alle visuellen Elemente benötigen beschreibende Alternativtexte. 

Lange Zeit betrafen diese Vorgaben ausschließlich den öffentlichen Sektor. Doch seit 2019 geht die EU einen Schritt weiter. Auch private Anbieter sind verpflichtet, ihre digitalen Angebote barrierefrei zu gestalten. Mit dem Inkrafttreten des Barrierefreiheitsstärkungsgesetzes (BFSG) am 28. Juli 2025 gilt nun: Auf dem europäischen Markt dürfen nur noch Produkte und Dienstleistungen angeboten werden, die den Anforderungen an digitale Barrierefreiheit entsprechen. Mit dem Barrierefreiheitsstärkungsgesetz werden diese Vorgaben nun EU-weit vereinheitlicht und erstmals auch für den privaten Sektor verpflichtend. 

Zentrale Aufsicht noch im Aufbau 

Mit dem Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG) setzt Deutschland den European Accessibility Act in nationales Recht um. Künftig wird eine zentrale Marktüberwachungsstelle in Thüringen zuständig sein, die Einhaltung der Barrierefreiheitsvorgaben für Produkte und Dienstleistungen zu prüfen. Die Behörde soll als gemeinsame Anlaufstelle der Länder fungieren und sicherstellen, dass die gesetzlichen Anforderungen einheitlich umgesetzt werden. Derzeit befindet sich die Einrichtung noch im Aufbau – es wird daher voraussichtlich einige Zeit dauern, bis alle Strukturen, Prozesse und Zuständigkeiten vollständig etabliert sind. 

Auf dem Papier ist das Gesetz ein Meilenstein. In der Realität hapert es jedoch noch an der Umsetzung. Viele Unternehmen erfüllen die Anforderungen noch nicht. Branchenvertreter gehen davon aus, dass es für viele Anbieter eine Herausforderung wird, die BFSG-Vorgaben vollständig umzusetzen, zumindest in den kommenden Jahren.  

Fraunhofer FIT als Kompetenzpartner für digitale Barrierefreiheit 

Digitale Barrierefreiheit wird zunehmend zur Voraussetzung für Teilhabe – und für Organisationen zur Pflicht. Fraunhofer FIT begleitet diesen Wandel mit wissenschaftlicher Expertise und praxisnahen Lösungen. Ziel ist es, Barrierefreiheit nicht nur zu erfüllen, sondern strukturell zu verankern. Die Expert*innen des Instituts unterstützen Unternehmen und öffentliche Einrichtungen dabei, Strategien zu entwickeln und umzusetzen, die den Anforderungen des BFSG/EAA und der BITV entsprechen. Dazu gehören klare Roadmaps, verbindliche Richtlinien und Prozesse, die Barrierefreiheit dauerhaft in Design-Systeme und Redaktionsabläufe integrieren. 

Ein zentraler Bestandteil ist die Qualitätssicherung. Fraunhofer FIT kombiniert automatisierte Tests mit manuellen Bewertungen durch Fachleute und Nutzer*innen. So entstehen belastbare Ergebnisse – von WCAG-/BITV-Audits über Usability-Tests mit Assistiven Technologien bis hin zu EU-konformen Accessibility Statements und Berichten wie dem VPAT (Voluntary Product Accessibility Template). Auch in der technischen Umsetzung begleitet Fraunhofer FIT seine Partner*innen mit barrierefreien Frontends, Komponentenbibliotheken und wiederverwendbaren Mustern. Accessibility wird dabei nahtlos in bestehende CI/CD- und DevOps-Prozesse eingebunden. Code-Reviews und Remediation-Maßnahmen sichern die nachhaltige Qualität auch bei großen Webangeboten. 

Damit Barrierefreiheit im Arbeitsalltag gelingt, werden Teams gezielt befähigt. Schulungen, praxisnahe Leitfäden und Best Practices vermitteln das nötige Wissen – von der Entwicklung über das Design bis zum Produktmanagement. Darüber hinaus sorgt Fraunhofer FIT für den Transfer aktueller Forschung in die Praxis. In Pilotprojekten, europäischen Kooperationen und durch die Entwicklung neuer Werkzeuge und Schnittstellen wird Barrierefreiheit kontinuierlich weitergedacht – als Teil einer digitalen Zukunft, die allen zugänglich ist. 

Projektbeispiel: WADcher  

Wie solche Lösungen in der Praxis aussehen können, zeigt das Projekt »WADcher«. Gemeinsam mit europäischen Partnern entwickelte Fraunhofer FIT eine Plattform, die Analysewerkzeuge mit Expert*:innenbewertungen kombiniert, Dokumentation und Reporting vereinfacht und sich in Entwicklungsprozesse integrieren lässt. Obwohl das Projekt 2021 abgeschlossen wurde, liefert es Impulse für Werkzeuge, Schnittstellen und Best Practices. 

Unser Anspruch 

Digitale Inklusion darf kein nachträglicher Zusatz sein – sie muss von Anfang an mitgedacht und dauerhaft sichergestellt werden. Als Partner begleitet Fraunhofer FIT den gesamten Prozess: von der strategischen Planung über die Umsetzung bis hin zur kontinuierlichen Qualitätssicherung.


Yehya Mohamad

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